Vizekusen wird Doublekusen

Bayer Leverkusen ist Deutscher Meister!

Da kam ein neuer, aber kein unbekannter, Trainer und übernahm das Team auf einem bedrohlichen Abstiegsplatz. Mit neuem Spielkonzept und den richtigen Worten führte dieser Trainer die Werkself noch ins internationale Geschäft. Und eine Saison später schaffte dieses Team den Fluch und beschämenden Titel abzulegen - und wie!

Rückblick auf B04

Wem ich heute noch „Vizekusen“ erklären muss, der ist noch nicht lang genug beim Fußball dabei. „Vizekusen“ entstand als Mythos um die Jahrtausendwende. Häufig landete Bayer 04 Leverkusen auf auf Rang 2 nach der Saison: 1997, 1999, 2000 und 2002 blieb es immer nur die Vizemeisterschaft. Als namensgebend gilt aber die Saison 2001/02, in der man sogar ein "Vize-Triple" (Meisterschaft an Spieltag 32 hergegeben, DFB-Pokal-Finale gegen Schalke 04 und das Finale der Championsleague gegen Real Madrid verloren) einsammelte.

05.10.2022. In diesem Jahr übernimmt Xabi Alonso das Trainingszepter in Leverkusen und folgt auf Gerardo Seoane, der den Club auf Platz 17 stehend verlassen muss und freigestellt wird. Alonsos Werkself und ihre Fans rückten durch die kämpferischen Auftritte der Mannschaft noch näher zusammen. Am Ende der Saison stand Leverkusen auf Platz 6 mit 50 Punkten und erreichte das Halbfinale der Europa League (gegen AS Rom verloren), während Borussia Dortmund die Meisterschaft herschenkte – an die Bayern. Es war eben typisch, wohin der Titel geht und alle vermeintlichen wie echte Experten waren sich sicher, dass die Bayern auch weiterhin in dieser Liga dominieren werden.

Leverkusener Effizienz

Im Sommer und zur Vorbereitung auf die neue Saison 23/24 konnte Alonso dann die Gelegenheit nutzen, erstmals, über einen längeren Zeitraum und ohne Pflichtspiele, mit der Mannschaft intensiver zu arbeiten. Dass die Werkself unter seiner Leitung in der Vorbereitung den nächsten Schritt gemacht hat, spiegelte sich mit dem eigenen Klubrekord sehr schnell wieder: 16 Punkte nach sechs Spieltagen in der gestarteten Bundesliga-Saison 23/24.

Die Experten würdigte stets die akribische Arbeit des Spaniers – und die Spielweise seiner Werkself, „ja, aber die Bayern ...“. Richtig, die Bayern. Aber eben diese Bayern hatten bis zum 26. Spieltag auch schon 33 Verletzte. Eine sehr ungewöhnlich hohe Zahl für den deutschen Rekordmeister von der Säbener Straße, aber es soll keine Ausrede darstellen – schon gar nicht von einem weniger bayerischen Fußballfan. Aber es gab auch spannende Diskussionen bei der Trainerfrage, mit und ohne „holding Six“, geforderter Transfers, weniger atypische Leistungen … es war wie verhext in Bayern. Und so war es wohl Vodoo, unter dessen Einfluss Borussia Dortmund als selbsternannter Top-Club und vermeintlicher Bayern-Jäger Nummer 1, stand. Denn auch im Signal-Iduna-Park wurden Geschenke an Gastmannschaften verteilt – oder Punkte auswärts verloren, die man einfach nicht mehr verlieren darf. Aber ja, der BVB brummt dafür ordentlich in der Championsleague ...

Und währenddessen die „Top-Clubs“ der Bundesliga haderten, zauberte sich Alonso mit Wirtz, Grimaldo, Boniface, Andrich & Co. durchs Land und erstaunte Experten wie Fußballaffine. Nach der Hinserie, die Ende Dezember in die Winterpause führte, standen drei Unentschieden – und 13 Siege – zu buche. „Ach, die Bayern kommen wieder in der Rückrunde … Vizekusen wird doch kein Meister!“, höhnten diverse Bayernfans.

Spielerisch gab es in der Saison einen Widersacher, der gegen Leverkusen auf Augenhöhe auftrat – und in der Vorsaison noch gegen den Abstieg spielte: der VfB Stuttgart unter Sebastian Hoeneß. Beide Mannschaften zeigten Fußball der Extraklasse in Hin- und Rückspiel. Und im Viertelfinale des DFB-Pokals war es mit Abstand eine der attraktivsten Partien der Saison, die Leverkusen mit 3:2 in der Nachspielzeit für sich entschied.

Bayer-Dusel?!

Ja, die Nachspielzeit und Leverkusen – das war ein überragendes Phänomen. Dieses strikte Weiterspielen, konzentriert bleiben, daran glauben und immer wieder eine spielerische Lösung herbeiführen … ich glaube, früher nannte man dieses Vorgehen „Bayerndusel“, welcher natürlich jedweder Logik entflieht, aber in dieser Saison sind diese 29 Tore in den letzten 10 Minuten einer Partie unfassbar auffällig. Wir sollten hier auch mal über den Begriff „Bayer-Dusel“ nachdenken.

Deutscher Meister 2024

Und Leverkusen spielte weiter. Rotierte auf den Positionen und es fühlte sich nie an, als würde ein spielstarker Spieler fehlen. Punkt für Punkt. Sieg um Sieg. Erfolg um Erfolg. Und am 14.04.2024 war Leverkusen vorzeitig Deutscher Meister der Bundesliga. Es ist der erste Meisterschaftstitel der Vereinsgeschichte – und die Dominanz der Bayern war gebrochen, die zuvor elf Mal Deutscher Meister in Serie wurden. Aber Leverkusen spielte … und spielte. Bis in das Finale des DFB-Pokals. Bis in das Finale der Europa League.

Europa League Niederlage

Am 22.05.2024 verlor Bayer Leverkusen gegen Atalanta Bergamo (ITA) das Finale der Europa League mit 0:3. Und eine legendäre Serie von über 50 Pflichtspielen ohne Niederlage endete. Aber Atalanta hat sich diesen Titel unfassbar verdient – sie waren spritzig, pressten unentwegt und rannten und rannten und rannten. Am Ende Rechtsschuss, Linksschuss und Kontertor durch den Nigerianer Ademola Lookman, der sein ganz eigenes Finale schrieb und mit Hattrick für Bergamo an diesem Abend für seine Italiener unsterblich wurde.

DFB-Pokal Helden

In der 17. Minute des DFB-Pokalfinals in Berlin schoss Granit Xhaka mit einem Linksschuss der Note 1 ein Traumtor und entschied die Partie gegen die Teufel vom Betzenberg, den 1. FC Kaiserslautern. Dieses Tor reichte aus, um aus „Neverkusen“ – ein schöner Ausdruck aus dem Ausland für „Vizekusen“ – ein „Doublekusen“ zu machen.

Super-Xabi

Respekt, Xabi Alonso. Und zwar den allergrößten. Ich freue mich auf die kommende Saison 2024/2025, wenn es um Titelverteidigung, UEFA Championsleague und spannende Fußballabende geht. Das ist ein Stück unvergessliche Fußballgeschichte Deutschlands – danke für eine legendäre Saison mit Bayer 04 Leverkusen.

Bis zur nächsten Grätsche ...

Sascha aka SteelWheel

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